Anstiftung gegen Sucht und Selbstzerstörung bei Kindern und Jugendlichen
The Intelligence - Das Informationsportal, Juli 2010
Was haben die Süchte der Kinder von heute mit Mark Twains Romanfigur Huckleberry Finn zu tun? Weshalb hat Fantasie und Spielen solch eine machtvolle Kraft in sich, dass Kinder, und somit spätere Erwachsene, weitaus weniger anfällig für eine der zahlreichen Abhängigkeiten werden? "Warum Huckelberry Finn nicht süchtig wurde", geschrieben von Eckhard Schiffer, mit Illustrationen von Patrick Wirbeleit, gibt auf eine sehr spezielle Art und Weise Antworten, Hinweise und Tipps, die es wahrlich in sich haben. Unsere uneingeschränkte Buchempfehlung nicht nur für Eltern, Lehrkräfte und Erzieher.
Stark ist er, der Mensch, allerdings immer nur solange, wie der Grundstock in der Kindheit für ein Starksein gelegt wurde. Dass genau diese Basis immer mehr in ein Hintertreffen gerät und somit schon Kindern und Jugendlichen der Weg zu unterschiedlichen Süchten relativ einfach freigemacht wird, ist eine nicht zu verleugnende Tatsache. "Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde" - Eine Anstiftung gegen Sucht und Selbstzerstörung bei Kindern und Jugendlichen von Eckhard Schiffer, ist ein Buch, das man kaum aus der Hand legen kann. Nein, süchtig wurde ich nicht von dem Lesen des selbigen, aber selbst mir als psychologisch nicht ganz unbedarfte Person, gab dieses Buch immer wieder neue Impulse und Denkanstöße.
Von dem Salutogenesekonzept (das Konzept der Gesundheitsentstehung), dem Pathogenesekonzept (das danach fragt, was krank macht) und dem Kohärenzgefühl (innerer Halt und sinnvoller Lebenszusammenhang) spricht der Autor gleichsam in einer verständlichen Weise, wie er auch die starren Linien der Kindergärten und Schulen in Frage stellt. Huckelberry Finn, der kleine große Held aus Marc Twains Klassiker, durchzieht auf eine immer wiederkehrende unaufdringliche Art das gesamte Buch und lässt durchaus einen engen Zusammenhang zwischen Kindern im 19. Jahrhundert und den heutigen Generationen vor dem geistigen Auge entstehen und verstehen.
Verstehen ist übrigens ein gutes Stichwort, denn gerade das wird beim Lesen des Buches mehr als einmal deutlich gefördert. Aber was versteht man nun wesentlich besser, wenn man den Gedankengängen von Schiffer folgt, die aus viel persönlichen therapeutischen und väterlichen Erfahrungen sprechen?
Zum Beispiel warum ein kleiner, aggressiver und sehr wilder Junge durch eine simple Gute-Nacht-Geschichte ruhiger wird, als durch immer wieder neue Geschenke. Oder was im Kleinkindalter familiäre Geschehnisse, mitsamt dem "Redeverbot nach außen", auszulösen vermag, wobei dadurch erst viele Jahre später, mithin im Jugend- und Erwachsenenalter, eine fast selbstzerstörerische Ader bei einem Menschen freigelegt werden kann. Magersucht-, Fresssucht, Spielsucht, Alkohol, Drogen oder Phobien der unterschiedlichsten Art, sind nur einige der kompensatorisch wirkenden Süchte, die sich dann ungehindert ihren Weg bahnen. Und ein Menschenleben, um nicht zusagen ein Kinderleben, fast bis zur eigenständigen Zerstörung treiben können.
Das Buch zeigt zudem auf, wie wichtig es ist, dass ein Kind unbefangen spielen kann, Eltern genau dieses Spielen auch mit Gemeinsamkeiten fördern sollten, weshalb eine Blautanne von einem Kind tatsächlich blau gemalt werden darf und wie stark sich der inzwischen alles umfassende Leistungsdruck aus Erwachsenenhand auf Kinder in einem negativen Sinne einwirkt. Abgerundet wird das äußerst aufschlussreiche Buch durch einige Fallbeispiele, Illustrationen, sowie mit kurzen Passagen von bekannten Schriftstellern, Poeten und Philosophen, die jedes neue Kapitel einleiten und bereits in demselben Moment zum Nachdenken anregen, sowie Tipps, wie man den kindlichen Süchten weitaus weniger Nährboden bieten kann.
Fazit: Das Buch "Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde" - Eine Anstiftung gegen Sucht und Selbstzerstörung bei Kindern und Jugendlichen, ist bei Weitem nicht nur Eltern oder Lehrkräften und Erziehern sehr ans Herz zu legen. Mitdenken, nachdenken, verstehen und nicht einfach nur die Schublade öffnen, die die Aufschrift trägt "wer süchtig ist, ist einfach nur willenlos", wird durch dieses interessante und lehrreiche Buch aufs Beste gefördert. Und obwohl ich Bücher stets mit sehr kritischen Augen lese, gibt es bei dieser Lektüre aus meiner Sicht keinen Kritikpunkt, der einen davon abhalten sollte, dieses Buch zu lesen. Wobei eine Anmerkung sei mir an dieser Stelle zum Abschluss gestattet: Nach dem Lesen wird man sich selbst, und auch im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, ebenso oft kritische Fragen stellen, als auch so manche gesellschaftliche Vorgehensweise mit gänzlich anderen Augen betrachten.
[ Link zum Artikel ] (zuletzt gesichtet am 9. Februar 2011)
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