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Stellungnahme zum Thema

"Oasekurse für lebensgeschichtlich und sozial benachteiligte junge Menschen in der Berufsausbildung im Kontext schöpferisch-intuitiver Entfaltung in inter­mediären Räumen zur langfristigen Förderung des Kohärenzgefühls."

Dr. Eckhard Schiffer, Quakenbrück

Aktualisierte Fassung vom 14.12.2014

Ziel der Oase-Stiftung ist es, vor allem in Form von mehrtägigen Seminaren mit Übernachtungen in einer Bildungsstätte zur Persönlichkeitsstärkung junger Menschen, insbesondere auch benachteiligter und desintegrierter Jugendlicher, während der Berufsausbildung beizutragen. Im Folgenden soll vor dem Hintergrund klinisch-therapeutischer Erfahrungen mit beeinträchtigten Jugendlichen zu der Frage Stellung genommen werden, wie weit die Oase-Kurse für die o.g. Jugendlichen während ihrer Berufsausbildung förderlich sind.

Unter ätiopathogenetischen Gesichtspunkten kann die seelische Verfasstheit der o.g. Jugendlichen im Kontext erheblicher Bindungsstörungen und Traumatisierung­en und damit nachfolgend als beeinträchtigt  im Hinblick auf Selbstwertgefühl, Motivation, Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen sowie das Mentalisieren beschrieben werden. Mit letzterem ist u. a. die Fähigkeit gemeint, einem Du eigene Sichtweisen, Wünsche, Absichten sowie eine von der Eigenwahrnehmung abweichende Fremd­wahrnehmung zuzugestehen. Die Folgen der o. g. Beein­träch­tig­ung können u.a. Kontrollverluste im Hinblick auf Affekt- und Impulssteuerung, Delinquenz, Sucht­mittel­gebrauch, Lernstörungen und Ausbildungsabbrüche sein.  Die meisten der etwa acht bis 18 Teilnehmer/innen  der laufenden Oase-Intensiv­seminare für sozial benachteiligte junge Menschen weisen Symptome von mindestens zwei der genannten Beeinträchtigungskriterien in ihrer bisherigen Lebensgeschichte auf.

Unter salutogenetischen Gesichtspunkten werden diese Beeinträchtigungen nicht ignoriert. Jedoch wird der Blick auf die inneren und äußeren Ressourcen gerichtet, die dem Einzelnen zur Verfügung stehen, um zu einem stärkeren Kohärenzgefühl zu gelangen. Dieses soll mit dazu befähigen, den Anforderungen einer Berufsaus­bildung standzuhalten und Anschluss an die Arbeitswelt zu finden.[1]

Zum Kohärenzgefühl[2]

Das Kohärenzgefühl ist der Zentralbegriff in dem Salutogenese-Konzept von Aaron Antonovsky. Mit diesem Konzept wird in Unterscheidung zum Pathosgenese-Konzept - mit dem nach der Entstehung von Krankheit gefragt wird - danach gefragt, wie Gesundheit entsteht. Und Gesundheit ist etwas anderes als "Nicht-Krankheit".

Kohärenz kommt aus dem Lateinischen und das bedeutet eben soviel wie Zusammenhang, Zusammenhalt. Das Kohärenzgefühl entwickelt sich aus dem Urvertrauen. Das heißt auf Dauer dann, einen inneren und vertrauensvollen äußeren Halt haben; sich innerlich und äußerlich getragen, gehalten fühlen und sich auch selber innerlich und äußerlich Halt verschaffen können.  Ebenso meint es, sich in seinem  "in dieser Welt sein" als stimmig und sinnhaft eingebunden zu erleben. Das Kohärenzgefühl lässt sich weniger an äußeren Symptomen erkennen, es vermittelt sich mehr als eine grundlegende  Art, in der Welt zurecht zu kommen.

Zum Kohärenzgefühl gehört auch ein starkes Hoffnungsmoment. Gemeint ist  ein Hoffnungsmoment im Sinne einer impliziten docta spes ("belehrte Hoffnung"). Ernst Bloch[3] hat diese Hoffnung mit ihrer auf Veränderung zielenden Kraft in Unter­scheidung zu Illusion sehr eindrucksvoll beschrieben. 

Ab der Adoleszenz ist das Kohärenzgefühl eine relativ stabile Größe, kann aber durch länger einwirkende positive oder negative Momente gestärkt oder geschwächt werden.

Das Kohärenzgefühl kann sich auf eine Einzelperson beziehen, aber auch auf ein Paar. Ebenso kann sich das Kohärenzgefühl auf mehrere Menschen beziehen wie z. B. auf eine Familie oder eine Schulklasse. Vorwiegend entsteht das Kohärenzgefühl aus sozialen Beziehungen heraus, in denen man sich schöpferisch entfalten kann und dabei wohlwollend wahrgenommen erlebt - z. B. bei der dialogisch-schöpferischen Entfaltung in Intermediärräumen.  Es kommt  dabei nicht darauf an, der Beste zu sein und die anderen auszustechen, sondern einander wahrzunehmen und zu begegnen.

Zur weiteren Illustration dessen im Hinblick auf unsere Fragestellung ein literarisches Beispiel:

Huckleberry Finn ist in Mark Twains Geschichten um Tom Sawyer der Bürgerschreck – faul, verwahrlost, ohne festen Wohnsitz; der Vater ein gewalttätiger Säufer, von der Mutter ist schon gar nicht mehr die Rede. Nach unseren heutigen Vorstellungen wäre demnach Huckleberry Finn hochgradig gefährdet. Offensichtlich kommt der Huck jedoch gut über die Runden. Der Leser sympathisiert mit ihm, die Geschichten laden ein, sich mit Huck zu identifizieren.

Auf der Flucht vor seinem eigenen Vater, der ihm nach dem Leben trachtet, trifft Huck den entflohenen Sklaven Jim. Beide müssen um ihr Leben fürchten. Das Floß, das sie finden und mit dem sie auf dem Mississippistrom flussabwärts flüchten, wird zu ihrem Freiraum und Fluchtort. Unser Text knüpft an eine Passage an, innerhalb derer sie an einer geschützten Uferstelle Halt machen, um in einer Höhle auf einem offenen Feuer ihr Mittagessen zu bereiten:

"Wir nahmen noch'n paar Fische von den Haken, die inzwischen angebissen hatten und warfen die Angelschnüre wieder aus. Dann machten wir alles zum Mittagessen (in unserer Höhle) fertig (...)

Sehr bald wurde es dunkel, und es fing an zu donnern und zu blitzen. (...) Gleich hinterher fing es an zu regnen, und bald goss es wie mit Eimern. Und der Wind heulte, wie ich's noch nie gehört hatte. Es war ein richtiges Sommergewitter. Es wurde so duster, dass draußen alles wie in Tinte getaucht aussah (...). Und dann  ein greller Blitz und man konnte für einen Moment Baumkronen erkennen, die ganz weit weg waren.

"Jim, ist das nicht schön?", fragte ich. "Ich möchte nirgendwo anders sein als hier.
 Gib mir noch mal'n Stück Fisch und 'nen heißen Maiskuchen."[4]

Auf dem Bild zu dieser Textpassage aus dem "Huckleberry Finn" fühlen sich die beiden offensichtlich wohl. Ihnen schmeckt es ausgezeichnet, obwohl ihr Mahl - Fisch und Maiskuchen - verhältnismäßig bescheiden ist und draußen die Welt unterzugehen scheint. Die beiden haben augenscheinlich keine Angst, fühlen sich in ihrer Freundschaft gut aufgehoben und geborgen. Und eben diese Freundschaft ist es, die in ihrem sonst eher einsamen Leben Sinn stiftet. Zusammen fühlen sie sich stark, zusammen meistern sie die Anforderungen, die die Wildnis und der Strom Mississippi mit all den dazugehörigen Gefahren an sie stellen...

Huck hat trotz seiner chaotischen Bindungserfahrungen ein starkes Kohärenz­gefühl!

Verknüpft ist dieses mit einer eher impliziten Weltsicht, die sich auf drei Bereiche bezieht: 

  • Meine Welt ist verständlich, stimmig, geordnet; auch Probleme und Belastungen, die ich erlebe, kann ich in einem größeren Zusammenhang begreifen (Dimension der Verstehbarkeit). 
  • Das Leben stellt mir Aufgaben, die ich lösen kann. Ich verfüge auch über innere und äußere Ressourcen, die ich, um mein Leben zu meistern, einsetzen kann (Dimension der Handhabbarkeit, oder auch . Selbstwirksamkeit). 
  • Für meine Lebensführung ist Anstrengung sinnvoll. Es gibt Ziele und Projekte, für die es sich zu engagieren lohnt (Sinndimension).

Beispiel Huckleberry Finn: Er kannte sich in dem Urwald und auf dem Mississippi­strom aus, ebenso mit dem Wetter (Verstehbarkeit). Und er wusste, wie man preis­günstig ein Floß organisiert, ein Feuer macht, das nicht zu viel Rauch entwickelt und wie man Fische fängt und brät (Handhabbarkeit). 

Das Wichtigste für Huckleberry Finn war aber die Sinnhaftigkeit, die er in den gegenwärtigen  Beziehungen zu seinen Freunden, insbesondere zu seinem Freund Jim, erlebte und auf die er existentiell angewiesen war. Ohne seine Freunde wäre sein Kohärenzgefühl zusammengebrochen. Daher tat er das für sich selbst einzig Sinnvolle, als wohlmeinende Mitmenschen ihn zur Schule brachten:  Er sprang nämlich aus dem Schulfenster, um wieder zu den Quellen zu kommen, aus denen sich sein Kohärenzgefühl speiste.

Das Kohärenzgefühl ist in Antonovskys  Salutogenese-Modell die entscheidende Grundlage von seelischer und körperlicher Gesundheit. Soziale Gesundheit kommt  in diesem Modell zunächst nicht vor, ist jedoch mit dem Grundgedanken des Modells ohne weiteres vereinbar[5]. Sie korrespondiert auch mit dem Verständnis einer sozio-psychosomatischen Medizin (s. Schema 1).

Zum Konzept einer sozialen Gesundheit

Soziale Gesundheit weist einen Doppelaspekt auf: Zum einen die Verfasstheit des Individuums im Hinblick auf Empathie, Mentalisierungs- und Kooperationsfähigkeit, zum anderen die Verfasstheit der Gesellschaft, in der es lebt. Die beiden Aspekte stehen in einer Wechselbeziehung zu einander.

Hier kommen uns aktuelle Ergebnisse der Säuglingsforschung und Neurobiologie entgegen. Sie weisen auf ein individuelles Gedächtnis der Liebe. Dieses beginnt  mit den frühen Lächelspielen und ist lebenslang über dialogisch-schöpferische Prozesse förderbar.  Späterhin sind Respekt, Toleranz und Kooperation als Elemente einer sozialen Gesundheit über diese Prozesse mit erfasst. Vermittelt wird dies   transgenerational durch die familiäre bzw. gesellschaftliche Umgebung des Kindes.

Entfaltung des Kohärenzgefühles in Intermediärräumen

Intermediärräume entstehen ursprünglich in der Familie und können die familiären Beziehungen und damit auch Lebensfreude und Gesundheit ganz entscheidend stärken. Die Intermediärräume, wörtlich übersetzt: Zwischenräume, sind nicht ver­messbar, nur erlebbar. Gemeint sind die Zwischenräume, die sich im Spielen wie im Dialog und natürlich auch im spielerischen Dialog oder dialogischen Spiel eröffnen. Es sind die Räume zwischen der Fantasie der Kinder und z. B. dem Sandhaufen vor den Kindern. Hier geht es insbesondere um das Miteinander im gemeinsamen Tun, das heißt um die Beziehung und Begegnung im Spielprozess. Eben dieser Prozess ist bedeutsamer als der Sieg, das Produkt oder die Ergebnisse aus dem Spielen, für die man dann eine Zensur, Lob oder Tadel beziehungsweise einen Platz in der Ranking-Liste bekommt.  Kurzum: Gemeinsam eine Bude bauen ist wichtiger und aufregender als dann die fertige Bude. Und für die braucht man schon gar nicht eine  Zensur oder einen Wettbewerb um die beste Bude. Die ist unsere Bude sowieso! In den Intermediärräumen ereignen sich in der schöpferisch-dialogischen Entfaltung Augenblicke der Begegnung. Das heißt man wird nicht um des Sieges oder eines anderen Vorteil willen "ausgeschaltet", sondern aufgrund der gemeinsamen freudigen Erfahrung liebevoll wahrgenommen.

In diesem Prozess kommt es nachweislich zu einer deutlich vermehrten Ausschütt­ung bedeutsamer Stoffe wie z. B. den sogenannten Nerven-Wachstumsfaktoren (brain derived neurotropic factor).  Das gilt nun nicht nur im  Kindesalter sondern in jedem Lebensalter! Die Nerven-Wachstumsfaktoren stellen eine notwendige biologische Voraussetzung für das erfolgreiche Lernen dar! Denn die Umstrukturier­ung in den Verknüpfungen der Nervenzellen, die mit jedem erfolgreichen Lernpro­zess einhergeht, ist an die Einwirkung dieses "Gehirndüngers" gebunden. Ebenso kommt es bei der  prozessorientierten gemeinsamen schöpferischen Entfaltung zur vermehrten Oxytocin-Ausschüttung im  menschlichen Gehirn.

Diese begründet die fröhlich-zugewandte Stimmung im Zusammen-Spiel, in dem man wahrgenommen und angenommen wird. In diesem Zusammenspiel entfaltet sich das Kohärenzgefühl besonders gut. Das gilt nicht nur für das kindliche Spielen sondern ebenfalls in jedem Lebensalter.  In diesem Kontext ist festzuhalten, dass die individuelle neuronale Vernetzung bei Lernprozessen im Klassenverband erfolgreicher abläuft, wenn Beziehungsweisen im Sinne der Begegnung und des Willkommen-Heißens erfahren werden. Das Klassenklima verändert sich in einem positiven Sinne schon nach Ersterfahrungen dieser Art.[6] (siehe Schema 2)

Wie unsere  Erfahrungen gezeigt haben, ist in diesem Zusammenhang auch eine  Förderung des Kohärenzgefühles bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem zunächst schwachen Kohärenzgefühl möglich - auch außerhalb der Klinik.[7]

Da die für das Kohärenzgefühl bedeutsamen Ressourcen zunächst als externe Ressourcen vermittelt werden, bedarf es allerdings 

  • der Lokalisierung der Ressourcen in den Lebens- und Lernraum, um ein   "Abspringen" (s.a. Huckleberry Finn) zu vermeiden und
  • eines längerfristigen Konzeptes, um eine "Verinnerlichung" der Ressourcen zu ermöglichen.

Die Oase-Kurse und ihre Bedeutung für das Kohärenzgefühl 

An den Oase-Intensivseminaren nehmen Schüler und Schülerinnen teil, die oft  noch auf dem Weg in die Duale Berufsausbildung sind.  Es kann bei ihnen in der Regel - wie oben beschrieben - ein unzureichendes Kohärenzgefühl angenomm­en werden. Die Schüler kommen geschlossen im Klassenverband einer Berufsbildenden Schule oder einer anderen beruflichen Bildungsein­richtung wie z. B. A&W Bildungszentrum in Sögel einmal im Ausbildungsjahr über drei oder auch fünf Tage. Begleitet werden sie in dieser Zeit von einer Ihnen bekannten Berufsschullehrkraft oder einem Ausbildungsmeister. An der pädagogischen Arbeit im engeren Sinne, insbesondere den thematisch gebundenen Gruppengesprächen, nimmt diese Ausbildungsfachkraft jedoch in der Regel nicht teil. Dennoch ist diese den Kursteilnehmern/innen bekannte Begleitperson mit seiner  kontinuierlichen fachlichen und emotionalen Präsens über die Zeit der beruflichen Bildungsmaßnahme – ein bis drei Ausbildungs­jahre – für das  Klassenkohärenz­gefühl bedeutsam.

In den in der Regel drei Tagen des Kursgeschehens befinden sich die Schüler permanent sowohl in spontanen als auch von den beiden fachpädagogischen Begleitern vorskizzierten dialogisch-schöpferischen Intermediärräumen. Auch die dialogischen mentalisierungsorientierten Gruppenprozesse – zum Beispiel zum Thema Gewalt – ereignen sich in den Intermediärräumen. Vielfältige spielerisch-schöpferische prozessorientierte Entfaltungsweisen ermöglichen Augenblicke der Begegnung, aus denen heraus sich ein primäres Vertrauen des Einzelnen in die Gruppe entbindet wie auch ein primäres vertrauensvolles Gesamtgruppengefühl aus der komplexen Intersubjektivität der Teilnehmer. Die Gruppe wird mit ihrer Halte­funktion zu einem "mütterlichen Subjekt", mit dem sich die einzelnen Teil­nehmer jeweils identifizieren. Auch auf diesem Wege kann das erstarkende  Gruppen-Kohärenzgefühl das Kohärenzgefühl des Einzelnen stärken. Die motivierte und von der Grundstimmung her fröhliche Verfasstheit der Teilnehmer wie auch die der pädagogischen Kräfte spiegelt diesen kreativen Prozess wider.

Bedeutsam für die Weiterentwicklung des Gruppen-Kohärenzgefühles im Anschluss an die Oase-Kursen ist dessen Transfer  in die Ausbildungssitua­tion.  Hier kommt der Kooperation mit der Berufsschullehrkraft oder dem betrieblichen Ausbilder eine große Bedeutung zu. Nach Auskunft der Kursteilnehmer kommen diese zu den Folgekursen mit größerer Motivation als zu dem Erstkurs. Dies spricht für einen gelingenden Transfer mit Weiterentwicklung des Kohärenzgefühles in der Ausbildungssituation. Wenn dann erst einmal im Kontext eines sich verstärkt darstellenden Gruppen-Kohärenzgefühles die Lernprozesse leichter ablaufen, die für die Verstehbarkeit und Handhabbarkeit der Ausbildungswelt – als Teilkompo­nen­ten des Kohärenzgefühles – notwendig sind, kann dadurch auch eine Selbstverstärkung des Kohärenzgefühles in Gang gesetzt werden. Gleichwohl wäre für die Spursicherheit dieses Prozesses schon zu wünschen, dass gerade im ersten Ausbildungsjahr mehr als drei Tage Oasekurs pro Lerngruppe zur Verfügung stehen.[8] Eine beginnende Verinnerlichung externer salutogener Ressourcen für das Kohärenzgefühl ist bei einer Gesamtdauer des Prozesses - möglichst über einen Zeitrahmen von einem Jahr hinaus - wahrscheinlich.

Als ein entscheidender Schritt in diese Richtung  kann das erweiterte Oase-Projekt an den Berufsbildenden Schulen Osnabrück Brinkstraße angesehen werden.[9]

Mitglieder des  Lehrerteams jeweils einer Schulklasse haben freiwillig an einer ganztätigen Coaching Einheit und nach einigen Erfahrungswochen noch an einer halbtägigen weiteren Einheit teilgenommen. Es haben dabei auch Lehrende der Fachpraxis mitgemacht. Insgesamt waren es 25 Lehrkräfte. Das Pilotprojekt erstreckt sich auf vier Lerngruppen.  

Wesentliche Merkmale dieser Coaching Einheiten waren:

  1. Veranstaltungsort und -zeit außerhalb des schulischen Alltags
  2. Logotherapeutische und existenzanalytische Beratung
  3. Eine externe und von der Stiftung Oase beauftragte Fachkraft für die Gestaltung und Leitung der Coaching Einheiten für die  Lehrenden 
  4. Die ganztägige Coaching-Einheit der Lehrenden war vor dem dreitägigen Intensivseminar der Lerngruppe und die halbtägige Einheit einige Wochen nach dem Seminar.

Die Coaching Einheiten hat Logotherapeut Bernward Teuwsen vorbereitet, geleitet und reflektiert. Er verfügt über langjährige Kenntnisse aus dem Alltag der Berufsbil­dung, sowie zugleich über eine existenzanalytisch orientierte Beratungserfahrung einschließlich beziehungsdynamischer Aspekte. (http://www.logothrapie-bremen.de)

Diese Konzeption fördert eine positive Begegnung aller Beteiligten untereinander. Vergleichbare Ziele strebt auch die sogenannte Balint-Gruppen­arbeit an.[10]

Die Teamer (ReferentenInnen) im Intensivseminar haben etwa acht Wochen nach dem auswärtigen Kurs an einem Schultag direkt in der Berufsbildenden Schule erneut mit der Lerngruppe gearbeitet. Dabei wurde die Nachhaltigkeit in den Blick genommen.

Zusammenfassende Stellungnahme:

In den Oasekursen kann in produktiver Weise für Auszubildende mit einem schwachen Kohärenzgefühl im Kontext der Einbindung der Kurse in die gesamte berufliche Bildungsmaßnahme eine Stärkung des Kohärenzgefühles ermöglicht werden.  Das bedeutet eine Stärkung der Gesamtpersönlichkeit mit besseren Chancen für ein Ankommen und Bestehen auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Dr. Eckhard Schiffer

 

Thematik ausführlicher abgehandelt in:

Antonovsky, A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgvt-Verlag.

Schiffer, E.(2001 / 2013): Wie Gesundheit entsteht. Salutogenese: Schatzsuche statt   Fehlerfahndung. Achte und erweiterte Auflage, Weinheim und Basel: Beltz

Schiffer, E. & Schiffer, H.(2004): LernGesundheit. Lebensfreude und Lernfreude in der Schule und anderswo. Weinheim und Basel: Beltz 

Schiffer, E.(1993 / 2010): Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde.         

Zehnte und überarbeitete Auflage, Weinheim und Basel: Beltz 

Schiffer, E. (2010): Lebensfreude, Lust und Lernfreude aus Intermediärräumen, in: Lust und Leistung ... und Salutogenese,  Hrsg. T. D. Petzold. Bad Gandersheim: Verlag Gesunde Entwicklung 

Winnicott, D. (1979): Vom Spiel zur Kreativität. Stuttgart: Klett-Cotta


[1] Wie weit späterhin oder auch zeitgleich noch eine individuelle Psychotherapie zusätzlich  erforderlich sein kann, wird in diesem Zusammenhang nicht weiter erörtert. Jedoch stellt eine solche Therapie die Zweckmäßigkeit der Förderung des Kohärenzgefühles in der Gruppe nicht in Frage.

[2] Bei dem Kohärenzgefühl handelt es sich um eine Konstruktion, "mit der es sich gut arbeiten lässt", die aber nicht im engsten naturwissenschaftlichen Sinne beweisbar ist.

[3] Bloch, E. (1959/1986): Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt/M.: Suhrkamp

[4] Twain, Mark (1980): Huckleberry Finns Abenteuer. Berlin/Freiburg, Lizenzausgabe für den Herder-Verlag, S. 276.

[5] Schiffer, E.(2001 / 2013): Wie Gesundheit entsteht. Salutogenese: Schatzsuche statt Fehlerfahndung. Weinheim und Basel: Beltz 

[6] Das ist auch eines der "Geheimnisse" der erfolgreichen finnischen Schulpädagogik. Sie hat die offizielle Bezeichnung "Pädagogik des Willkommen Heißens"

[7] Ausführlich in Schiffer, E. (2001 / 2013)

[8] Eine zusätzliche Auskunft zur Notwendigkeit dessen könnte sich aus der Befragung der Teilnehmer mit dem klassischen SOC-Test  z. B. ein halbes Jahr nach dem ersten Oasekurs ergeben - trotz dessen relativer Blindheit zur sozialen Gesundheit. Dieser Test sollte dann am Ende eines jeden Ausbildungsjahres wiederholt werden. Aussagekräftiger dürften allerdings - wie jetzt bereits vorgesehen - semistrukturierte Interviews sein.

[9] Siehe hierzu auch den Bericht in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 13. 11. 2013, S.9

[10] Näheres hierzu siehe bei Schiffer, E.(1993 / 2010): Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde. Zehnte Auflage, Weinheim und Basel: Beltz, S.95 ff